rückbau

nachnutzung einer industrieanlage

diplomarbeit / institut für wohnbau / prof. cuno brullmann
zeitraum: 1997/1998
fotos: gerhard abel
plan: download (pdf)

aussichten
für jeden besitzer dieser aufgelassenen industrieanlage scheint, ökonomisch betrachtet, der leerstand die einzige möglichkeit zu sein. denn einem unternehmer stellt sich aufgrund der geographischen lage von groß gerungs die frage, wieso er nicht gleich ins benachbarte billiglohnland tschechien ausweichen soll. falls er sich doch gerade in groß gerungs ansiedeln möchte, ist es bei den ortsüblichen bodenpreisen und -reserven sicherlich günstiger, die fabrik auf die „grüne wiese“ zu stellen, als dieses gebäude für die eigenen bedürfnisse zu adaptieren. für eine kleingewerbliche nutzung eines lokalen gewerbetreibenden ist das gebäude zu groß, und für eine freizeitimmobilie sind das notwendige freizeitverhalten der bevölkerung und das entsprechende umfeld nicht vorhanden.
eine gewerbliche nachnutzung ist insgesamt also eher auszuschließen. die rein ökonomische betrachtungsweise bringt den sukzessiven verfall der immobilie mit sich, und in einigen jahrzehnten erteilt die gemeinde einen abbruchsbescheid.
da diese zukunftsaussichten für die gemeinde nicht erstrebenswert sein dürften, bleibt ihr nur eine lösung: sie muss selbst die besitzerin dieses areals werden.
legt die gemeinde nun bei den überlegungen bezüglich der nachnutzung ebenfalls den ökonomischen maßstab an, würde sie zu dem selben ergebnis kommen wie der vorbesitzer: leerstand - verfall.
man kann in diesem fall also nicht ökonomisch argumentieren, man muss politisch, kulturpolitisch argumentieren. es darf die frage nicht lauten: was rechnet sich für die gemeinde? (das ergebnis haben wir gesehen), sondern: was will die gemeinde? welche bedürfnisse sind vorhanden und können diese durch die nachnutzung des gebäudes befriedigt werden?
hat die gemeinde sich zu diesen fragen durchgerungen, dann lässt es sich über die zukunft der respo recht leicht nachdenken.

städtebauliche idee
das zentrale thema der städtebaulichen überlegungen ist der rückbau.

rückbau
wird dabei verstanden als wiedereingliederung - wiedereingliederung im funktionalen und im städtebaulichen sinne.

rückbau
deswegen, weil das ehemalig periphere gewerbegebiet von der wohnbaupolitik eingeholt wurde und das gebäude seine randlage verloren hat.

rückbau
meint die einpassung des gebäudes in die vorhandene maßstäblichkeit, ein übergangsbauwerk zwischen gewerbe (raiffeisen-lagerhaus) und einfamilienhaussiedlung.

rückbau
bedeutet nicht nur das wegnehmen von volumen, sondern auch das anbinden und einbinden des gebäudes in die umgebung.

rückbau
ist die auflösung der strengen grenzen, die durch den monolithischen, prismatischen baukörper entstanden sind.

rückbau
soll die gebäudekanten verschieben oder eliminieren.

 

aus diesen überlegungen heraus ergeben sich folgende maßnahmen:

der architektonische rückbau:
alle raumbildenden elemente und volumen werden auf ein notwendiges maß reduziert.

der topografische rückbau:
das gelände wird wieder an das vorhandene terrain angeglichen, wächst stellenweise in das gebäude hinein, nimmt verbaute fläche wieder in anspruch.

die verklammerung:
der in den hang auskragende verwaltungstrakt verklammert das gebäude mit dem hang, verfestigt es in der landschaft.

die anbindung:
die achse des foyers zielt auf den kreuzungspunkt b 119 / erschließungs-straße und verknüpft so das gebäude mit dem ortszentrum, dem hauptplatz.

 

architektonische ideen
den altbestand, die stahlbetonstruktur, so weit wie möglich sichtbar, erkennbar lassen, die tektonik erfahrbar machen.
das stahlbetonskelett als abstrakte, skulpturale form aus stützen, trägern und decken.
die materialqualität des nicht unsympathisch abgeschlissenen betonbaus mit ebenfalls in dieser form alterungsfähigen materialien fortsetzen.